Provinz-Geschichten

Matthias Kiefersauer hat an der Münchner Filmhochschule studiert. Der Abschlussfilm des 30-Jährigen wird nun am Samstag, 21. Juni, um 22.30 Uhr im Bayerischen Fernsehen gezeigt:
„Wunderbare Tage“ ist ein 25-minütiger Kurzfilm über die bayerische Provinz, ein Film über den Pfarrer eines kleinen Dorfes, in dem Dornbüsche brennen und Wasser zu Wein wird. Und zu all dem singen die Sportfreunde Stiller.

Matthias, warum hast du dir für deinen Film ein Provinz-Thema ausgesucht?
Eigentlich sind es zwei Gründe. Zum einen sollte man, gerade wenn man beginnt, Filme zu machen, Geschichten über Dinge erzählen, die man kennt. Zum anderen habe ich festgestellt, dass meine Dialoge sehr gut funktionieren, wenn sie in Bayerisch geschrieben sind. Die Sätze sind dann einfach pointierter.

Warum kennst du dich auf dem Land so gut aus?
Ich bin dort groß geworden. In einem ländlich strukturierten Ortsteil von Wolfratshausen im Süden Münchens. Drei Kilometer weiter gibt es nur kleine Dörfer. Meine ganze Verwandtschaft lebt dort.

Mit Bauernhof und so?
In meiner Verwandtschaft sind Holzfäller, Handwerker – also Menschen mit ganz erdigen Berufen. Meine Schwester und ich waren die einzigen in unserer Generation, die studiert haben. Aber meine Schwester ist danach wieder zurückgegangen aufs Land und hat einen Bauern geheiratet. Jetzt ist sie halbtags Lehrerin – das hat sie studiert – und die andere Hälfte des Tages Bäuerin.

Und du lebst meist in der Stadt – wo ist dein Zuhause?
Wo zuhause ist? Das ist irgendwie ein zu großer Begriff für mich. Ich fühle mich in der Stadt und auf dem Land wohl.

Aber es gibt doch Unterschiede.
Das Leben am Land ist irgendwie ruhiger, das ist schön. Trotzdem wäre ich unglücklich, wenn ich nicht abends um 10 Uhr noch ins Kino gehen könnte. Außerdem: Auf dem Land ist die Sozialkontrolle viel größer.

Das heißt?
Auf dem Land weiß ich viel mehr über meine Nachbarn Bescheid – und meine Nachbarn mehr über mich. Ich weiß nicht, ob ich das unbedingt will. Auf der anderen Seite ist man dadurch auf dem Land natürlich aufgefangen. Dass jemand in seiner Wohnung stirbt und verwest, weil es keiner merkt – das passiert auf dem Land nicht.

Aber trotzdem ziehst du die Anonymität der Stadt vor?
Ein bisschen Anonymität ist nicht schlecht. Aber zu viel eben auch nicht. Ich suche immer noch nach einem Kompromiss.

Was sind die Unterschiede zwischen einem Filmdreh auf dem Land und einem in der Stadt?
Auf dem Land ist es immer leichter zu drehen als in der Stadt. Alles ist weniger verkrampft, man hat seine Ruhe, die Leute sind hilfsbereiter. Wir kommen da mit unseren Lastern ins Dorf gerumpelt und die Leute kümmern sich um uns.

Gerumpelt? Ein bisschen das ländliche Idyll habt ihr schon zerstört, oder?
Wir haben eigentlich sehr dezent und unauffällig gearbeitet. Das Team hat sich sehr bemüht. Nur ein paar Mal mussten wir für eine Aufnahme eine Straße sperren, und das war dann auch in drei Minuten wieder vorbei.

Ihr ward wohl ein gut eingespieltes Team?
Auf jeden Fall, mit Daniel Schönauer, meinem Kameramann, habe ich schon seit meinem ersten Hochschulfilm zusammengearbeitet. Wir kennen uns und wussten, was auf uns zukommt.

Wie geht’s jetzt weiter? Nach dem Filmfest in Hof, auf dem dein Film lief, hast du sehr viel Lob bekommen. Die Frankfurter Rundschau hat deinen Film sogar in der Tradition von Helmut Dietls „Münchner Geschichten“ gesehen.
Ja, das war schon lustig, meinen Namen in einer Reihe mit Dietl, Karl Valentin und den Sportfreunden Stiller zu lesen. Eine lustige Mischung. Über den Winter habe ich drei Filmideen aufgeschrieben und versuche nun die Exposés umsetzen zu können.

Werden das wieder Geschichten vom Land und aus der Provinz?
Ja, zwei der Ideen spielen auf dem Land, eine andere in einer Kleinstadt.

nikolaus-roettger, jetzt.de